Evangelisches Dekanat Vogelsberg

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          Kirchenpräsident Jung

          Advent: Friedensbotschaft gegen blank liegende Nerven

          EKHN/RahnKirchenpräsdent Volker Jung in der Coronakrise mit MaskeKirchenpräsdent Volker Jung in der Coronakrise mit Maske

          Der hessen-nassausche Kirchenpräsident Volker Jung sieht in der biblischen Friedensbotschaft ein Mittel gegen blank liegende Nerven in der Coronakrise. Auch für alle in der Auseinandersetzung um den Ausbau der A49 im Dannenröder Forst hat er in seiner Predigt zum 1. Advent einen Hinweis.

          Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung hat angesichts zunehmender Spannungen in der Gesellschaft mehr Engagement für das friedliche Miteinander angemahnt. „Gerade in diesem Jahr liegen die Nerven bei vielen blank“, sagte Jung mit Blick auf die Coronakrise am Sonntag bei einem Gottesdienst in der Frankfurter Katharinenkirche. In einer Pandemie sei es aber wichtig, die Geduld nicht zu verlieren, erklärte der evangelische Geistliche im Rang eines Bischofs.

          Frieden: Füreinander da sein

          Es gehöre zudem zum Menschsein, „in einem guten Sinn füreinander da zu sein können und sich zugleich zu schützen“. Dazu  könne das biblische Verständnis von Frieden beitragen. Dies sei immer mit Gerechtigkeit und Hilfe verbunden. Daran erinnerten Christinnen und Christen in der Adventszeit besonders,  die den Anfang eines neuen Kirchenjahres markiert.

          Corona: Verleugnen der Wirklichkeit hilft nicht

          Mit Blick auf die zunehmende Zahl von Corona-Leugnern sagte Jung auch, dass es wichtig sei, „nicht die eigene Sicht der Welt zur alleinigen Wahrheit zu erklären“. Dies verhindere einen Weg zum Ausgleich und zur Versöhnung. „Frieden kommt nicht durch Verleugnung der Wirklichkeit.“ Dies schließe zugleich nicht aus, dass unterschiedliche Auffassungen und Meinungen vertreten und friedlich ausgetauscht werden könnten.

          Dannenröder Forst: Gewalt ablegen, Verhältnismäßigkeit wahren

          Jung ging auch auf die gewaltsamen Auseinandersetzungen um den Ausbau der A49 im Mittelhessischen Dannenrod ein. Mit Blick auf die Friedensbotschaft der Adventszeit denke er besonders an alle Menschen im Dannenröder Forst. „Den Demonstrierenden kann man nur zurufen: Keine Drohungen und keine Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten. Den Polizistinnen und Polizisten: Bleiben Sie achtsam! Wahren Sie die Verhältnismäßigkeit! Den politisch Verantwortlichen: Überlegt, was ihr tun könnt, damit die Menschen wieder zueinander finden können.“  

          Hintergrund:  Gottesdienst am 1. Advent

          In seiner Predigt zum 1. Advent hatte Kirchenpräsident Volker Jung einen Text aus dem biblischen Buch des Propheten Sacharja zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen gemacht. Darin heißt es unter anderem; „Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir (…) Denn er wird Frieden gebieten den Völkern (…).“ Sacharja 9,9-10

           

          Predigt im Wortlaut 
          Kirchenpräsident Volker Jung zum 1. Advent 2020 

           

          Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin. Denn ich will die Wagen vernichten in Ephraim und die Rosse in Jerusalem, und der Kriegsbogen soll zerbrochen werden. Denn er wird Frieden gebieten den Völkern, und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern und vom Strom bis an die Enden der Erde. Sacharja 9,9-10

          Liebe Gemeinde!

          „Frieden“, sagt da einer. Und es ist Frieden. Die Waffen schweigen nicht nur. Sie werden vernichtet. Wie schön wäre das! Auch jetzt und hier und heute. 

          I.

          Die Waffen schweigen nicht in dieser Welt. Sie sind bedrohlich in den Krisengebieten dieser Welt: Zentralafrika, Somalia, Burkina Faso, Südsudan, Afghanistan, Bergkarabach, Venezuela, Syrien, Ukraine, Jemen, und viele mehr. Waffen sind bedrohlich unter uns – wo Menschen einander nach dem Leben trachten: aus Gier, aus Hass, in politischem oder religiösem Eifer. Da ist kein Frieden.

          Und auch sonst: kein Frieden! Die Spannungen sind groß in unserer Gesellschaft und in vielen Gesellschaften dieser Welt. Gespaltene Gesellschaften. Das wird spürbar bei Fragen, wo es sehr gegensätzliche Meinungen gibt: Migration, Corona-Maßnahmen, Klimaschutz. 

          Gerade in diesem Jahr liegen die Nerven bei vielen blank. Bis in den Alltag hinein ist das spürbar. Menschen aus den Gesundheitsämtern berichten, wie sie bei Anrufen beschimpft werden. Woher kommt Frieden in spannungsvoller Zeit?

          II.

          Auch wenn wir es in diesem Gottesdienst nicht singen. Das Lied wird erklingen in dieser schwierigen Zeit. Es stimmt ein in die Worte aus dem Sacharja-Buch: „Tochter Zion, freue dich, jauchze laut, Jerusalem. Sieh, dein König kommt zu dir, ja er kommt, der Friedefürst.“ 

          Die Worte des Sacharja sind eine Verheißung für die Gottesstadt. Und mit der Gottesstadt für die ganze Welt. Von Gott kommt Frieden. Gott schenkt Frieden. Und das ist dann auch die Botschaft, die in der Heiligen Nacht erklingen wird, der wir in der Adventszeit entgegengehen: Frieden auf Erden!

          Sie werden begleitet von den Fragen: Ist das nicht doch nur eine hohle Botschaft? Alle Jahre wieder? Wo bleibt dieser Frieden? Wenn wir auf Jesus schauen – seit 2000 Jahren? Und wenn wir auf Sacharja schauen – seit zweieinhalb tausend Jahren? 

          Und manchmal ertönt auch der Wunsch? Da möge jetzt doch endlich einer oder eine kommen, der oder die ein klares Machtwort spricht: Frieden! Jetzt ist es mal gut. 

          Der Ruf nach der starken Person, nach dem Machtwort, das alles regelt, ist menschlich. Es mag Situationen geben, wo das auch funktioniert. Aber meistens haben diejenigen, die Machtworte gesprochen haben, dies keineswegs friedlich getan. Und wenn es Befriedung gab, dann auf Kosten der Freiheit. Das ist kein wirklicher Frieden! 

          Auch die Zeit, in der Sacharja geredet hat, kannte schon die Vorstellung, den Wunsch nach dem idealen König, der Frieden bringt. Der hat dann auch die Macht, dies durchzusetzen. Sacharja redet von diesem König. Er sagt aber schon damals: Ein König, der von Gott kommt, ist anders. Von Gott kommt keiner, der Frieden mit Gewalt bringt.

          Er reitet auf einem Esel. Auch der Esel kann ein edles Tier sein. Aber der Esel ist kein Schlachtross. Der Esel ist ein Lasttier. Es trägt den König. Und der König ist arm. Der König ist gerecht. Der König hilft. Dieser König bringt Frieden nicht mit einem diktatorischen Machtwortund schon gar nicht mit Waffen. Der arme König bringt Frieden. Sein Wort vom Frieden ist ein Wort, das die Herzen der Menschen sucht. Und von den Herzen der Menschen einen Weg in die Welt.

          Als die Menschen versuchten zu erklären, wer Jesus war, haben sie die Worte des Sacharja aufgegriffen. Wir haben sie im Evangelium vom Einzug in Jerusalem gehört. Matthäus hat so diese Geschichte erzählt. Er sagt damit: Von Jesus Christus, von diesem Leben geht die Botschaft vom Frieden aus – und zwar von allem: von seinen Worten, von seinen Taten, von seinem Leben, seine Sterben und seiner Auferstehung. 

          III.

          Was es mit diesem Frieden auf sich hat und wie dieser Friede in die Welt kommt, ist in den Adventsliedern vielfach in Worte und Musik gefasst. Wir hören nachher eines. Und am Ende des Gottesdienstes ein anderes. Achten Sie mal darauf!

          Also wie kommt der Frieden ins Leben?

          Komm Jesu, komm zu uns mit deinem Segen, / es schallt dir unser Hosianna schon entgegen. / Komm! Kehr in unsre Herzen ein, / damit dieselben deine Tempel sein! / Erfülle sie mit deinem Schein / und mache sie von Satans Unflat rein.

          Die Kantate stammt aus der Zeit, in der Telemann städtischer Musikdirektor und Kapellmeister an zwei Kirchen war. Sie wurde am 1. Dezember 1720, also vor 300 Jahren, in der Barfüßerkirche uraufgeführt.

          Was die Menschen wohl damals im Blick hatten, als von „Satans Unflat“ die Rede war? Was uns heute ein leichtes Lächeln auf die Lippen zaubert, hat einen ernsten Hintergrund. Satans Unflat, das ist das, was das Leben friedlos macht. Es ist das, was Menschen gegeneinander aufbringt. Früher hätte man es wahrscheinlich so gesagt: Der Teufel hat seinen Spaß daran, wenn Menschen sich das Leben zur Hölle machen.

          „Satans Unflat“ – das ist das, was Menschen sich von dem abwenden lässt, was Gottes Willen und Bestimmung ist. Die ist, dass Menschen in einem guten Sinn füreinander da sind. 

          Anders gewendet: Komm zu uns mit deinem Segen. Kehr in unsere Herzen ein! Das ist die Bitte darum, von Gottes Frieden erfüllt zu werden und Frieden in diese Welt hineintragen zu können.

          Das ist ja wirklich nicht leicht. Gerade auch jetzt in dieser Pandemie-Zeit. Das bedeutet nämlich, in allen Spannungen und Anspannungen die Geduld nicht zu verlieren. Ich würde es für heute so zuspitzen: Es ist die Bitte darum, dass wir erkennen, wie wir in einem guten Sinn füreinander da sein können und uns zugleich zu schützen. Es ist die Bitte darum, wie wir versöhnen können – auch, wenn Interessen gegeneinander stehen. 

          Frieden kommt nicht durch Gewalt. So denke ich heute auch besonders an alle Menschen im Dannenröder Forst. Den Demonstrierenden kann man nur zurufen: Keine Drohungen und keine Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten. Den Polizistinnen und Polizisten: Bleiben Sie achtsam! Wahren Sie die Verhältnismäßigkeit! Den politisch Verantwortlichen: Überlegt, was ihr tun könnt, damit die Menschen wieder zueinander finden können.

          Frieden kommt nicht dadurch, dass Menschen ihre eigene Wahrheit und Sicht der Welt zur alleinigen Wahrheit erklären. Manchmal sogar gegen Wissenschaft und Fakten. Natürlich kann man unterschiedliche Auffassungen haben. Darüber kann man und darf man auch streiten. Aber wer immer noch behauptet, die Infektionen durch das Corona-Virus seien auch nicht schlimmer als eine Grippe, handelt verantwortungslos. Frieden kommt nicht durch Verleugnung der Wirklichkeit. 

          Frieden kommt dadurch, dass Menschen sich öffnen für den Frieden, zu dem Gott seine Menschheit berufen hat. Die biblische Vision vom Frieden beinhaltet die Botschaft: Lasst den Friedenskönig immer wieder neu einziehen in euer Leben und mit ihm Gerechtigkeit und Hilfe. So werdet ihr etwas erfahren vom Frieden, zu dem Gott euch berufen hat. 

          Das geschehe an uns und mit uns und durch uns in dieser Adventszeit, am Weihnachtsfest und im neuen Kirchenjahr.

          Und so bewahre der Frieden Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

           

           

           

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