Evangelisches Dekanat Vogelsberg

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          Die wunderbare Geschichte der Orgel in Lauterbach

          Aus drei mach eins

          Sie ist die größte im Dekanat und sie vereint Elemene ihrer beiden Vorgänger-Orgeln: die Orgel in der Lauterbacher Stadtkirche ist in vielerlei Hinischt besonders - und obendrein ist sie auch noch schön. Kantorin Claudia Regel über dieses beachtliche Instrument.

          „Die ist ja schön!“ - Besucher der Lauterbacher Stadtkirche sind immer wieder fasziniert vom Anblick der Orgel auf der 2. Empore. Auf den ersten Blick scheint es ein historisches Instrument zu sein. Und ein bisschen stimmt das auch - aber eingeweiht wurde die jetzige Orgel erst im Jahr 1973. In ihrem Inneren gibt es darüber hinaus sogar Bauteile eines dritten Instruments. Aber der Reihe nach: Als Mitte des 18. Jahrhunderts der Neubau der Lauterbacher Stadtkirche in Auftrag gegeben wurde, war klar, dass die große, prächtige Kirche auch eine neue Orgel brauchte. 1768 wurde die Orgel aus der Werkstatt des „Hoch-Fürstlichen Heßen-Darmstädtischen Privilegirten Hof- und Landt Orgelmachers“ Philipp Ernst Weegmann eingeweiht, ein zweimanualiges Werk mit 24 Registern (Klangfarben) und mechanischer Traktur (Spielmechanik). Die große Ähnlichkeit mit der etwas jüngeren Orgel von Johann-Markus Oestreich in Nieder-Moos gab Anlass für vielfältige Spekulationen: Hat etwa gar nicht Weegmann, sondern Oestreich die Lauterbacher Orgel gebaut?  Heute nimmt man an, dass Weegmann dem ortsansässigen Oestreich die Bauleitung überließ und dieser auch bei der Gestaltung des Prospekts (äußeres Erscheinungsbild) freie Hand hatte.

          Anfang des 20. Jahrhunderts, nach knapp 140 Jahren, war die Weegmann-Orgel kaum noch funktionsfähig. Daher entschloss sich die Lauterbacher Kirchengemeinde 1906 zu einem Neubau - unter Erhaltung des historischen Prospekts: „Dieser Entscheidung haben wir zu verdanken, dass noch Bestandteile der ersten Stadtkirchen-Orgel erhalten sind und dass sich das Instrument optisch so wunderbar in den Raum einpasst“, so Kantorin Claudia Regel.

          Die neue Orgel aus der Werkstatt von Friedrich Weigle war technisch und im Klang ganz modern. Statt mit einer Mechanik aus Holz erfolgte die Tasten- und Registersteuerung nun mit Luft (pneumatische Membranlade), es gab Spielhilfen zum Abrufen fester Register-Kombinationen und vor allem neue, zeitgemäße Klangfarben wie Seraphon-Gamba oder Tuba mirabilis. Die Pfeifen der Seraphonstimmen, die Weigle selbst erfunden hatte, wurden mit einem höheren Luftdruck angeblasen. Dadurch war ihr Klang stärker und strahlender. Sachverständige waren sich einig: Das schöne Werk, das erste Seraphonwerk im Großherzogtum Hessen, würde der evangelischen Gemeinde Lauterbach zur Freude sowie dem Erbauer zur Ehre gereichen. Die historischen Prospektpfeifen wurden nun allerdings nicht mehr mit Luft versorgt und blieben, als reiner Zierrat, stumm.

          So lange wie ihre Vorgängerin hatte die Weigle-Orgel aber nicht Bestand. Bereits 1950 plante der Kirchenvorstand einen Umbau: Die Orgel sei ein stolzes Werk gewesen, aber heute könne man ihren massiv-grundtönigen Klang nicht mehr ertragen. Inzwischen strebte man wieder ein schlankeres, helleres Klangspektrum an, mit einer technischen Anlage, die auch eine Interpretation von Barockkomponisten wie z.B. Johann Sebastian Bach ermöglichte. Zudem bereitete die Technik der Weigle-Orgel zunehmend Schwierigkeiten. Ein Umbau 1952 hatte aber nicht den gewünschten Erfolg.

          Deswegen wurde 1970 schließlich der Neubau beschlossen. Den Auftrag erhielt die Orgelbau­firma „Gebrüder Hillebrand KG“ in Altwarmbüchen bei Hannover. Bevor die neue Orgel erklingen konnte, musste sie zunächst aus vielen in Handarbeit hergestellten Einzelteilen (alleine über 2.500 Pfeifen) zusammengesetzt werden. Nach dem Aufbau des Instruments in der Stadtkirche wurde jede einzelne Pfeife klanglich an den Raum und an das Gesamtkonzept des Instruments angepasst. 1973 hieß es dann endlich: „Jetzt ist sie da, die Königin der Instrumente!“

          Die Hillebrand-Orgel hat 39 Register, verteilt auf drei Manuale und Pedal, und ist das größte Instrument im Evangelischen Dekanat Vogelsberg. Die Pfeifen des Barockprospekts, der auch beim
          2. Umbau erhalten blieb, klingen heute wieder. Aber auch Register und Pfeifen der Weigle-Orgel wurden wiederverwendet, so dass sich in der heutigen Orgel Spuren ihrer beiden Vorgänger-Instrumente wiederfinden. „Ich finde das jedes Mal sehr spannend, im Inneren der Orgel auf Entdeckungsreise zu gehen: Es gibt Weigle-Pfeifen mit Registernamen in geschwungener Handschrift. Und manche alten Balken des Gehäuses stammen noch aus der Weegmann-Orgel. Auf ihnen findet man noch manche Initialen, teilweise mit Jahreszahlen“, so Kantorin Regel. „Die vielfältigen Register und das klangliche Konzept der Orgel ermöglichen eine große Bandbreite des gottesdienstlichen und konzertanten Orgelspiels, abgerundet wird dies von der hervorragenden Akustik der Lauterbacher Stadtkirche.“

          Für Interessierte gibt es auf der Website (https://kirche-lauterbach-heblos.ekhn.de) und der Facebook-Seite der Evangelischen Kirchengemeinden Lauterbach und Heblos einen kurzen Film, in dem man die Hillebrand-Orgel in Bild und Ton erleben kann - oder natürlich in den Gottesdiensten und hoffentlich bald auch wieder in Konzerten.

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