Evangelisches Dekanat Vogelsberg

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          Interview mit Dekanin Dr. Dorette Seibert

          Das Evangelium ideenreich buchstabiert

          Traudi SchlittZuversichtlich im Glauben trotz ungewisser Lage: Dekanin Dr. Dorette Seibert

          Alle Menschen haben in den letzten Wochen unglaubliche Veränderungen erlebt. Für jede und jeden Einzelnen von uns ist die Welt ins Wanken gekommen. Nie gekannte und eigentlich unvorstellbare Beschränkungen machten auch vor dem kirchlichen und gemeindlichen Leben nicht Halt. Wir fragten Dekanin Dr. Dorette Seibert, wie sie diese Wochen bisher wahrgenommen hat

          Frau Dr. Seibert, mit dem Lockdown kam auch alles, was wir bisher an Gottesdiensten, Gruppen und Aktivitäten kannten, zum Erliegen. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

          Unsere kirchliche Arbeit lebt stark vom persönlichen Kontakt. Christinnen und Christen versammeln sich in den Kirchen und Gemeindehäusern und Pfarrerinnen und Pfarrer besuchen ihre Gemeindeglieder. All dies war plötzlich nicht mehr möglich.

          Nach anfänglicher Schockstarre wurden jedoch vor Ort in den Gemeinden und im Dekanat viele kreative Ideen entwickelt, um zu zeigen: Nächstenliebe heißt jetzt: Wege finden, um Abstand zu halten – und einander dennoch nahe sein…

          Welche Herausforderungen hatten Sie als Dekanin zu bewältigen und welches Thema im Rahmen der Corona-Maßnahmen treibt Sie besonders um?

          Zu Beginn stand das Krisenmanagement im Vordergrund. Da ging es zunächst um die Kommunikation rechtlicher Vorgaben, die sich nahezu im Stundentakt geändert haben. Alle Pfarrerinnen und Pfarrer sowie die Vorsitzenden der Kirchenvorstände und die Mitarbeitenden im Dekanat mussten zeitnah informiert und beraten werden. Da hatten Dekanatsleitung und Verwaltungskräfte alle Hände voll zu tun.

          In einem zweiten Schritt haben wir auf Dekanatsebene Formate zur Unterstützung der Gemeinden bereitgestellt. So haben wir z.B. wir für die Krankenhäuser in Alsfeld und Lauterbach ein 24/7 Seelsorge-Telefon für Angehörige von Corona-Patienten eingerichtet. In Zusammenarbeit mit Oberhessen-Live haben wir für alle Sonn- und Feiertage Online-Andachten organisiert. Ein Glücksfall für uns war auch, dass uns die Oberhessischen Zeitung und der Lauterbacher Anzeiger die Möglichkeit eingeräumt haben, täglich eine Andacht zu veröffentlichen.

          Die Öffentlichkeitsarbeit unseres Dekanats war in den letzten Wochen besonders gefordert. Für uns sind die Aktualität der Homepage, als Informations- und Vernetzungsmedium für die Gemeinden, die Präsenz in den (sozialen) Medien, die Entwicklung von digitalen Begegnungs- und Besprechungsräumen via Video- und Telefonkonferenzen wichtige Anliegen. Angemessene und zeitnahe Information sorgt für ein möglichst hohes Maß an Sicherheit - auch in unsicheren Zeiten.

          Mich treibt derzeit besonders die Frage um, wie wir mittelfristig die spirituelle und seelsorgerliche Seite unseres kirchlichen Lebens unter den Bedingungen von Corona gestalten wollen. So frage ich mich z.B., wie wir unsere älteren und kranken Gemeindeglieder trotz des Abstandsgebots angemessen seelsorgerlich begleiten können und wie wir Gottesdienstkonzepte z.B. für Trauerfeiern entwickeln, bei denen trotz Hygienevorschriften und Abstandsgebot, die tröstende und hoffnungsvolle Botschaft im Vordergrund stehen?

          Nach den ersten Schocks und der Verwirrung darüber, was jetzt noch geht und was nicht, kamen unheimlich viele Initiativen in den Kirchengemeinden zustande. Was hat Sie dabei besonders beeindruckt?

          Die Vielfalt und der Ideenreichtum, mit denen in den Gemeinden und Regionen durchbuchstabiert wurde, was „Evangelium“ in Krisenzeiten bedeuten kann.

          Mit den neuesten Lockerungen, die die Landesregierungen und die EKHN besprochen haben, ist es ja nun wieder möglich, Gottesdienste zu feiern. Allerdings ganz andere als die, nach denen man sich sehnt. Wie stehen Sie dazu und welche Empfehlung geben Sie den Gemeinden?

          Zunächst einmal freue ich mich darüber, dass grundsätzlich in unseren Kirchen wieder Gottesdienste gefeiert werden dürfen. Ich hoffe allerdings sehr, dass die Gemeinden besonnen bleiben…

          Ich empfehle, die in der Zeit der Kirchenschließungen neu entdeckten Möglichkeiten von Gottesdienst und Seelsorge zunächst zu evaluieren und zu überlegen, was davon ggf. auf Dauer gestellt werden sollte.

          Beim Nachdenken über die Gottesdienstfeiern in den Kirchen genügt es m.E. nicht, die Vorgaben des Gesetzgebers und der Landeskirche einzuhalten. Es muss von den Pfarrerinnen und Pfarrern auch überlegt werden, wie die geistliche Seite des Gottesdienstes in den Vordergrund  treten kann, um nicht von Hygienemaßgaben und Abstandsregeln absorbiert zu werden.

          Die Gemeinden sollten sich Zeit lassen, um die ihnen gemäße Form des Gottesdienstfeierns zu finden. Hier wird es wichtig sein, dass die Gemeindeglieder Rückmeldung auf die unterschiedlichen Aktivitäten geben und dass die Kirchenvorstände und Pfarrer*innen damit weiterarbeiten.

          Eine Krise kann birgt neben vielen Schwierigkeiten auch neue, große Chancen. Wo könnten diese für die Kirche und das kirchliche Leben im Vogelsberg liegen?

          Manches, was aus der Not geboren wurde, kann auf Dauer gestellt werden. Z.B. viele Pfarrerinnen und Pfarrer und zahlreiche Gemeinden haben sich in diesen Zeiten aufgemacht und digitale Kanäle und soziale Medien für sich entdeckt. Damit wurden auch Personen erreicht, die wir sonst nicht in unseren Kirchen/Gemeindehäusern antreffen. Das sollte m.E. fortgeführt werden.

          Außerdem haben wir uns im Kollegenkreis zu Videokonferenzen getroffen. Gerade bei den weiten Strecken, die wir oft zurücklegen müssen, um uns alle gemeinsam zu treffen, könnte auch nach der Krise das eine oder andere Treffen zeit- und umweltschonend auf diesem Weg geführt werden.

          Noch eine persönlich Frage zum Schluss: Wo finden Sie persönlich Trost und Stärke?

          Morgens lese ich zunächst den geistlichen Tagesimpuls in der Zeitung oder die Losung zum Tag. Außerdem spielt Musik für mich und mein geistliches Leben eine wichtige Rolle. Als am Ostersonntag der Choral: „Christ ist erstanden“ von zwei Posaunen gespielt auf dem Kirchturm der Walpurgiskirche erklang, war das für mich ein ganz besonderer Moment. Darüber hinaus spiele ich leidenschaftlich gerne Akkordeon und übe derzeit die Lieder des alten und neuen Choralbuchs rauf und runter. Viele alte Liedtexte erschließen sich mir in diesen Tagen noch einmal ganz neu. Außerdem freue ich mich an meiner Familie und an unserem Hund. Beides sorgt mit dafür, dass auch immer ein bisschen frischer Wind und Bewegung zu meinem Alltag gehören.

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