Evangelisches Dekanat Vogelsberg appelliert an Kirchensynode für mehr Sicht auf den ländlichen Raum
„Fläche verursacht Kosten“
12.03.2024 ts Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Das Dekanat – wie die Kirche insgesamt – befindet sich seit geraumer Zeit schon in einem Prozess der Neustrukturierung. EKHN 2030 (abgeleitet vom Namen Evangelische Kirche in Hessen und Nassau und der Zieljahreszahl) lautet der Name dieses Zukunftsprozesses, der sinkenden Mitgliederzahlen, sinkenden Kirchensteuereinnahmen und veränderten gesellschaftlichen Anforderungen Rechnung tragen soll.
Sylvia Bräuning, Vorsitzende des Dekanatssynodalvorstandes, begrüßte neben den Synodalen auch Mitarbeitende, Gäste und Vertreterinnen verschiedener Gremien. Von der Kirchenleitung waren die Kirchensynodale Ute Ehlert und die Pröpstin der Propstei Oberhessen Dr. Anke Spory vor Ort. Das Regionale Diakonische Werk wurde von dessen Leiter Fred Weißing vertreten, von der Regionalverwaltung war Cornelius Helm, Leiter der Finanzabteilung in das DGH nach Altenburg gekommen.
Einer der bedeutendsten Punkte auf der Tagesordnung war zunächst der Haushaltsbeschluss. Einem Haushalt von 17 Millionen Euro stimmte die Versammlung zu. Die Budgets umfassen sowohl Ausgaben für die Dekanatsmitarbeitenden, Sachkosten und Rücklagen sowie die Posten der GüT, der seit Anfang des Jahres installierten gemeindeübergreifenden Kita-Trägerschaft.
Es folgte ein Beschluss zu den Vergaberichtlinien aus dem Finanzausgleich. Dieser dient zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeiten, innovativer Zusammenarbeit, Kinder- und Jugendarbeit sowie weiterer Projekte im Rahmen des Zukunftsprozesses und der Vernetzung im Sozialraum. Unter anderem beschloss die Versammlung den Zuschuss von 50 Euro für die Mitwirkung Ehrenamtlicher an Tagungen sowie 60 Euro als Zuschuss für Konfirmanden bei Freizeiten. Diese Zuschüsse können von den Kirchengemeinden beantragt werden.
Mit großer Einmütigkeit wurde der nächste Beschluss gefällt: Dekanin Dr. Dorette Seibert stellte den neuen Zuweisungsplan der EKHN vor: Aus Gründen der Einfachheit und Transparenz sollen den Zahlungen aus Darmstadt in die Dekanate und Gemeinden zukünftig nur noch die Anzahl der Gemeindeglieder zugrunde liegen und nicht wie bisher noch ein Sockelbetrag und ein Flächenfaktor. Ein Umstand der ländliche Dekanate mit großer Fläche außerordentlich benachteiligt, wie Seibert erklärte. Spitzenreiter bei der problematischen Verteilung ist das Dekanat Vogelsberg, das ab dem Jahr 2027 jährlich mit einer Viertelmillion Euro weniger zurechtkommen soll – verteilt auf derzeit achtzig Kirchengemeinden ist dies eine „unzumutbare Härte“; wie die Dekanin befand. Sie fordert gemeinsam mit der Versammlung, nicht auf den Flächenfaktor, den sie mit zwanzig Prozent angab, zu verzichten: „In unserem Dekanat ist allein jeder Nachbarschaftsraum größer als das gesamte Dekanat Mainz“, unterstrich sie die Dringlichkeit, das Flächendekanat nicht mit einem Dekanat im städtischen Raum gleichzusetzen. „Bei der neuen Berechnung bekommen Dekanate im städtischen Raum genau die Gelder on Top, die vom ländlichen Raum abgezogen werden“; verdeutlichte die Dekanin ihr Anliegen. Die Versammlung stimmte ihr zu und schickt die Kirchensynodalen mit einem klaren Auftrag aus dem Vogelsberg in die nächste Landessynode. „Fläche verursacht Kosten“, so die einhellige Meinung der Delegierten.
Als nächstes schloss sich die Versammlung einer Resolution an, die von anderen Dekanaten bereits vorgelegt waren: Die Synodalen bekannten sich zu Gleichberechtigung, Freiheit und Demokratie und sprachen sich gegen jegliche Art des politischen oder religiösen Extremismus aus. Vorgestellt wurde dieser Tagesordnungspunkt von Dr. Carolin Braatz, Referentin für Ökumene und Gesellschaftliche Verantwortung. Im Wortlaut ist die Resolution hier nachzulesen.
„Ans Eingemachte“ ging es, als Dekanin Dr. Dorette Seibert die Versammlung über die geplanten Kürzungen der Pfarrstellen bis zum Jahr 2027 informierte. 25 Prozent der Pfarrstellen werden bis Ende 2029 wegfallen – nicht nur weil Mitgliederschwund Einsparungen nötig macht, sondern auch weil der Pfarrernachwuchs auf sich warten lässt. Die Dekanin rechnete vor, wo ein Ausschuss bereits Sparpotenzial in Abhängigkeit von den Zahlen der Gemeindeglieder ermittelt hat und warb insbesondere bei den betroffenen Gemeinden um Verständnis. Zu diesem Punkt fiel in dieser Synode noch kein Beschluss an – jedoch wird dieser in der Herbstsynode fällig und die Dekanin betonte die Bedeutung von früher Information und großer Transparenz.
Weiter gespart wird auch an den Gebäuden, wie ein Blick auf den Gebäudebedarfs- und Entwicklungsplan gezeigt hat. Was wo einzusparen sei, hänge auf jeden Fall mit der Bildung der Nachbarschaftsräume zusammen. Auch gebe es Gebäude wie Kirchen, die nicht so im Fokus stünden wie Pfarr- oder Gemeindehäuser. Nichts destotrotz ist jedes Dekanat angehalten, an der Gebäudelast zwanzig Prozent einzusparen.
Diesen Programmpunkten schloss sich ein Austausch in Kleingruppen zu EKHN-2023-Themen an, die die Synodalen beschäftigen, darunter die Frage, wie ein gemeinsamer Gottesdienstplan im Nachbarschaftsraum aussehen könnte, in dem auch kleine Gemeinden bedacht werden, wie aufgegebene Gebäude zu nutzen sein könnten oder welche Rechtsform sich für die Gemeinden in den Nachbarschaftsräumen anbietet.
Der Bericht aus dem DSV, den kurz vor Ende der Sitzung die Präses vorlegte, zeigte die verschiedenste Herausforderungen des Dekanats auf: Wechselndes Personal, Veränderungen in den Stellenzuschnitten und verschiedene Projekte und Investitionen hatte die Präses notiert.
Zum Abschluss der Versammlung dankte Bräuning allen Beteiligten, den Helferinnen und Helfern, insbesondere dem Altenburger Kirchenvorstand und der Burschenschaft. Das größte Dankeschön ging an Norbert Kelbassa. Bis vor kurzem war er Vorsitzender der Mitarbeitendenvertretung und als solcher ständiger Gast der Dekanatssynode, wo er – fast nebenbei - fast vierzig Jahren lang für die Tontechnik verantwortlich war. Nun geht er in den Ruhestand und verabschiedet sich auch von diesem ehrenhaften Posten.
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